EHC Arosa
Seit 1924
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NEWS

Spielbericht EHC Wetzikon 2:3 EHC Arosa

2 : 3
1:1 0:2 1:0

Di. 12.03.19 | 20:15

Eishalle Wetzikon

1236 Zuschauer

Link Game Center Swiss Ice Hockey

Big Bang in Wetzikon: Totaalijshockey van EHC Arosa

3:2 im eigentlich uneinnehmbaren Wetzikon. Break - Dem EHC Arosa gelingt mit einer eigentlich unbeschreiblichen Willensleistung ein eigentlich unfassbarer Auswärtssieg. Amstutz und Co. spielen Totaalijshockey - Ganz zur Freude von Jack de Herr und Co. Mit einem Sieg diesen Donnerstag im vierten Playoff-Finalspiel zu Hause sind die Aroser Meister.


Man spürt es bereits auf der Hinfahrt im Car. Eine spezielle Stimmung herrscht da. Irgendwie ganz speziell. Anders als am letzten Donnerstag, als das erste Gastspiel in Wetzikon mit 1:5 verloren gegangen ist. Fast schon gespenstig wirkt die Stimmung. Die Aroser, alle im Car mit einer eigenen Sitzreihe, verhalten sich ruhig. Sehr ruhig. Wie soll dies interpretiert werden? Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen. Aus der Mitte des Cars dringt Radiomusik von SRF 3 nach vorne. Irgend etwas Halbkuschliges dudelt durch den Raum. Der Chronist, der ausschliesslich harte Elektromusik, ohne jegliche Gesangsstöreffekte mag, ist irritiert. "Viel zu soft, die Musik", schiesst es ihm durch den Kopf. "Das geht ja gar nicht. Und schon gar nicht vor einem Playoff-Finalspiel!" Und wie er sich täuscht.

An diesem Abend ist alles anders im Vergleich vor fünf Tagen an gleicher Wirkungsstätte. Damals verschlief das Team das erste Drittel komplett und handelte sich mit dem 0:3 nach 20 Minuten eine zu grosse Hypothek ein. Dieses Mal geht sie mit einem 1:1 in die erste Drittelspause. Der Blick in die Gesichter der Spieler verrät's. Die Aroser haben die volle Zuversicht, als nächstes zuzuschlagen. Der Zeitpunkt ist angebrochen, um "Totaalijshockey" zu spielen. Dieser Begriff wird im Eishockey an diesem Abend unbewusst durch den EHC Arosa geboren. Es ist eine Herleitung aus dem Fussball - Entstanden in Holland, der Heimat von EHC Arosas grossartigem Stürmer Jack de Heer.

Totaler Fußball (niederländisch „Totaalvoetbal“) ist ein Spielsystem im Fußball, bei dem auf jeder Position, die zuvor von einem Spieler verlassen wurde, ein anderer nachrückt. Dies führt dazu, dass alle zehn Feldspieler zusammen angreifen und alle zehn Feldspieler zusammen verteidigen. Kein Spieler muss auf seiner Anfangsposition bleiben, jeder kann nacheinander Stürmer, Mittelfeldspieler oder Verteidiger sein. Das System erfordert von den Spielern ein hohes Taktikverständnis, um die entstehenden Lücken schnell zu füllen – im besten Fall kann jeder Spieler auf jeder Position spielen. Außerdem wird den Spielern eine herausragende Technik und körperliche Leistungsfähigkeit abverlangt. Entstanden ist der Begriff bereits 1915 mit der Arbeit Jack Reynolds als Trainer von Ajax Amsterdam. Rinus Michels hat dann in den 1970ern Totaalvoetbal mit Mittelfeld-Genie Johan Cruyff perfektioniert.


Jack de Heer verfolgte die begeisternde Spielweise von Ajax damals aus der Ferne intensiv mit, als er in seiner Heimat bei Tilburg Trappers und Feenstra Flyers Heerenveen in rund 250 Matches fast 800 Scorerpunkte sammelte. Mit dieser unglaublichen Punkteausbeute war der Weg zum EHC Arosa geebnet. Auch bei den Schanfiggern schlug "JdH" gewaltig ein. In 38 Matches erzielte er sagenhafte 95 Punkte, was einem Schnitt von 2,5 pro Match entspricht. Mit den Arosern wurde Jack de Heer 1982 Schweizer Meister.


Der Holländer, mittlerweile 65-jährig, verfolgt noch immer - auch wenn aus dem fernen kanadischen Lethbridge - intensiv die Matches seines EHC Arosa. Und dieser spielt an diesem Dienstagabend wie de Heers fantastische Landsmänner "totaal". "Totaalijshockey". Die Aroser treten dermassen kompakt auf, verschieben mit ihren Verteidigern und Stürmern immer derart im gleichen Atemzug, dass kaum Lücken entstehen, die die Wetziker nützen können. Mal taucht Defensivmann Nidal Agha an vorderster Front auf, dafür leistet Sturmtank Yannick Bruderer wertvollste Abwehrarbeit. Zwei herausgepickte Spieler, die beliebig durch andere ersetzt werden können.


Für die herausragende Technik sorgen Flavio Cola, Ramon Pfranger und Reto Amstutz unter anderem bei ihren Toren. Jene zwei Treffer im Mitteldrittel sind die Basis für den eminent wichtigen Auswärtssieg. Und die körperliche Leistungsfähigkeit, die Totaalvoetbal, oder in diesem Fall Totaalijshockey verlangt, bringt jeder Aroser auf den Gletscher. Und dies trotz achtem Playoffspiel innert 19 Tagen! Die Mannschaft rackert und kämpft vor dem Herrn und dies vom ersten Puckeinwurf bis zur Schlusssirene. Höllisch.


Wetzikon ist ein immens starker Gegner und die Mannschaft soll gemäss Cluboffiziellen so gefightet haben, wie noch nie in dieser Saison. Es ist insgesamt ein hochattraktiver Match, der in den Schlussminuten an Spannung nicht zu toppen ist. Der EHC Arosa übersteht eine turbulente Endphase und liegt sich gegen halb 11 Uhr in den Armen. Mit Totaalijshockey gewinnen die Aroser zum ersten Mal nach dreieinhalb Jahren ein Meisterschaftsspiel in Wetzikon. Jack de Heer freut sich über den Sieg trotz grosser räumlicher und zeitlicher Distanz enorm. Der fliegende Hockey-Holländer war und ist so ein verrückter, dass ihm zuzutrauen ist, dass er rasch möglichst ins Flugzeug steigt, um am Donnerstagabend in Arosa beim vierten Playofffinal live im Stadion dabei zu sein. Er wäre nicht der Einzige, der das will. Der EHC Arosa hat die Hand am Pokal. Kann er ihn auch stemmen? Es wäre total verrückt. "Totaal krankzinnig".


Hopp Arosa! Hup Arosa!

EHC Wetzikon - EHC Arosa 2:3 (1:1, 0:2, 1:0)

Eishalle, Wetzikon, 1'236 Zuschauer, Schiedsrichter Blum; Fankhauser, Grau


Tore: 2. Cola (Bandiera) 0:1, 4. Schenk (Luchsinger) 1:1, 21. Pfranger (PP) 1:2, 38. Amstutz (PP, Bigliel) 1:3, 42. Luchsinger (PP, Buchmüller) 2:3


Strafen EHC Wetzikon: 7x2 Minuten + 1x5 Minuten + Spieldauerdisziplinarstrafe (Rykart, Bandencheck) Strafen EHC Arosa: 7x2 Minuten 


EHC Wetzikon: Peter; Wittwer, Schneider, Nic. Marzan, Röthlisberger, Hofer, Zuber, Bader, Luchsinger, Rykart, Brandi, Buchmüller, Hürlimann, Laimbacher, Nin. Marzan, Pons, Eggimann, Vesely, Rüedi, Schenk, Beer


EHC Arosa: Witschi; Agha, Hostettler, Hoffmann, Klopfer, Dünser, Salerno, Carevic, Bossi, Bruderer, Roner, Tosio, Jeyabalan, Amstutz, Pfranger, Bandiera, Bigliel, Cola, Däscher, Weber, Roffler


Bemerkungen: EHC Arosa ohne Gruber (Saisonende) und Allegri (überzählig)

Playoff-Final, 3. Runde:
EHC WETZIKON (1.) - EHC AROSA (2.) 2:3 (1:2)